Etwas mehr als fünf Jahre nach „Piano Nights“ und etwas mehr als 11 Jahre nach „Dolores“ veröffentlichen Bohren & Der Club of Gore ihr nunmehr achtes Studioalbum. Es trägt den ambivalent-verführerischen Titel „Patchouli Blue“ und enthält für die Band ungewöhnlich viele, nämlich 11 Tracks. Die Spieldauer dieser 11 Tracks hält sich dagegen im üblichen Rahmen einer guten Stunde, was natürlich auch impliziert, dass der spezifische Bohren-Vibe einer Auskostung von erhabener Langsamkeit innerhalb kürzerer Zeit etabliert werden muss, um seine ganze Schönheit zu entfalten. Alles wie gehabt also? Eher die Fortschreibung des über Jahrzehnte erarbeitete Level an Verbindlichkeit, das Nuancen produktiv zu machen versteht. In der Sprachwissenschaft findet sich der Begriff der Minimalpaare, in der ein Buchstabe den Unterschied macht. Der Opener des Albums „Total falsch“ ist ein geradezu idealer Auftakt und gewissermaßen das genaue Gegenteil dessen, was der Titel verspricht. Klassisch Bohren. Je nach Temperament des Zuhörers braucht es vielleicht zweimal vier Töne oder vielleicht doch noch zweieinhalb Minuten, um zu signalisieren: Du befindest dich auf Bohren-Terrain, rechne ab jetzt mit allem! Aber schon der Einsatz der Orgel ist schlicht zum in die Knie gehen, und das Saxophon lenkt dann die behutsam entwickelte Spannung in eine Landschaft, in der man eine Begegnung mit Jan Garbarek nicht mehr ausschließen mag.
beatpol